In der tiefsten Provinz des Ostreiches, umgeben von endlosen Reisfeldern und Bambuswäldern, liegt das verschlafene Städtchen Fancheng im mittleren Nordwesten des Ostreiches. Bei der letzten Steuerschätzung wurden knapp 9.000 abgabenpflichtige Haushalte gezählt. Wer hier etwas Besonderes erwartet, muss schon ein sehr optimistischer Geist sein. Und doch kommen Magiestudenten aus ganz Rubidium jedes Jahr zu den Aufnahmeprüfungen der örtlichen Universität der Spruchmagie.
Besonders ein Fach hat es den künftigen Magiers angetan: die freie Zauberspruchentwicklung bei Professorin Li Mer. Die Halbelbin hat den entsprechenden Lehrstuhl bereits seit mehr als 250 Jahren inne. Die wohl bekanntesten Zaubersprüche „Li Mers undurchdringliche Kuppel“ und „360° Mer-Sehen“ haben den Ruf der Zauberin über die Provinzgrenzen Fanshengs hinaus gefestigt.
Auch Zaubersprüche ihrer Schüler haben es in den offiziellen Kanon der Magiergilde geschafft, zum Beispiel Kon Ses „Wurzelfalle“ und Sri Wongs „Schildkrötengang“.
Mit einer durchschnittlichen Entwicklungsdauer von 10 Jahren ist das Erfinden neuer Zaubersprüche nichts für Studierende ohne Ausdauer und auch der Studiengang selbst ist mit 8 Jahren veranschlagt und setzt eine abgeschlossene Ausbildung zum Spruchmagier voraus.
Dementsprechend wird den Studierenden eine gewisse „Weltfremdheit“ und „Sonderlichkeit“ nachgesagt. Ein ausreichendes Studienbudget sollte man ebenfalls mitbringen, denn die Verdienstmöglichkeiten als „normaler“ Zauberer sind in Fancheng sehr begrenzt und durch das Überangebot von Magiern sehr gering.
Wenn es einem dann allerdings gelingt, einen Zauberspruch zu entwickeln, der in den offiziellen Kanon aufgenommen wird, hat man wahrscheinlich auf ewig ausgesorgt.
Beispielsweise kann der erfindungsreiche Magier seinen neuen Zauberspruch dann über Alchemisten in ganz Rubidium zum Verkauf anbieten und erhält einen Großteil der ausgehandelten Summe.
Dass auf diese Weise auch bewusst nicht-kanonfähige Zaubersprüche entwickelt worden sind, ist kein Geheimnis. Sonst gäbe es wohl kaum den „Gegenspruch“ zu „Türen magisch verschließen“, die als Spruchrolle gerade bei Dieben sehr beliebt sind – nämlich der Spruch „Magisch verschlossene Türen öffnen“.
Und so wird gemunkelt, dass hinter manch geheimen Entwicklungsauftrag an der Universität von Fanchneng entweder die Diebes – oder die Assassinengilde stecke.
Natürlich weist die Universität von Fancheng solche Anschuldigungen als „fantastisch“ und „frei erfunden“ zurück.
Tatsache ist aber auch, dass selbst Regierungen, wie jüngst das Scheichtum von Angkor, bei Li Mer Zaubersprüche in Auftrag gibt, um Probleme auf magische Weise zu lösen, für die es bisher keinen entsprechenden Zauberspruch gab (der MM berichtete aus Zischlas).
Der Halbelbin werden auf unabsehbare Zeit weder Aufträge, noch Studierende ausgehen und Fancheng wird der Nabel der Welt der Zauberspruchentwicklung bleiben.